Famulatur Neurochirurgie in Kantonsspital St. Gallen (7/2022 bis 8/2022)

Krankenhaus
Kantonsspital St. Gallen
Stadt
St.Gallen
Station(en)
Neurochirurgie
Fachrichtung
Neurochirurgie
Zeitraum
7/2022 bis 8/2022
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP, Diagnostik
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich kann eine Famulatur in der Neurochirurgie St. Gallen nur wärmstens empfehlen. Die Klinik wurde kürzlich in zwei Departments aufgeteilt - ein Teil des Teams kümmert sich hauptsächlich um kraniale Krankheitsbilder, der andere ist im Ostschweizer Wirbelsäulenzentrum gemeinsam mit den Orthopäden für alle spinalen Patienten zuständig. Die Assistenzärzte rotieren zwischen beiden Departments, als Unterassistent (= Famulant) war man erst einmal primär auf den kranialen Stationen eingeteilt. Ich habe fast die gesamte Zeit im Kopfteam verbracht (der Bericht bezieht sich deswegen auch primär darauf), wo man selbst im etwas ruhigeren Sommer die ganze Bandbreite des Faches kennenlernt. Der Tag startet um 7:30 mit der Frühbesprechung und endet im Normalfall irgendwann zwischen 16:00 und 19:00 Uhr, je nachdem, wie lange man im OP bleibt und wie viel auf Station zu tun ist.

Im Gegensatz zur Famulatur in Deutschland hat man als Unterassistent in der Schweiz ganz klare Aufgaben, für die man eben auch bezahlt wird. Selbstständiges Arbeiten wird schon erwartet, es bietet sich also eher an, nicht unbedingt für die allererste Famulatur nach St. Gallen zu kommen, um wirklich viel mitzunehmen. Zu den Aufgaben der Unterassistenten gehören die Patientenaufnahmen inkl. Anamnese und neurologischer KU, das Vorbereiten von Arztbriefen, Visite, Röntgenbesprechungen sowie post-OP Wundkontrolle und das Anlegen von Medikationsplänen. Letztere bespricht man immer mit einem Assistenzarzt und bekommt dadurch sehr schnell einen guten Überblick über Schmerzmedikation, Antiemetika, Antikoagulation usw. Außerdem ist man dafür verantwortlich, dass die Patientenlisten up to date sind und meldet notwendige Untersuchungen und Konsile an. Je nach Kenntnisstand und Eigeninitiative kann man auch Shuntsysteme einstellen oder Drainagen ziehen. Kurz: Man lernt sehr viel über die alltägliche Stationsarbeit. Wenn das Gröbste auf Station getan ist, geht man natürlich auch in den OP, wo man sich auch regelmäßig einwaschen kann. Hier darf man auch selbst aktiv werden. Während ich da war, wurde darauf geachtet, dass jeder Student eine Trepanation gemacht hat und auch mal nähen durfte, bei kleineren Eingriffen ist man durchaus mal erste Assistenz. Die größeren OPs laufen meist mikrochirurgisch, weswegen man das Geschehen gut auf den Bildschirmen mitverfolgen kann. Auch hier war jeder im Team gerne bereit, Fragen zu beantworten oder komplexere OP-Schritte nochmal zu erklären. Neben den verschiedenen OA- und Chefvisiten gibt es jede Woche mehrere interdisziplinäre Fallkonferenzen (Tumorboard, vaskuläres Board) und eine abteilungsinterne Fortbildung. Es lohnt sich sehr, da mitzugehen. Sehr empfehlen kann ich auch, mindestens einmal eine funktionelle, stereotaktische OP samt Planung mitzunehmen!

Was die Zeit in St. Gallen aber wirklich super macht, ist das Team. Man wird vom ersten Tag an eingebunden, die Hierarchien sind flach, und die Arbeit, die man macht, wird enorm gewertschätzt. Nach der Frühbesprechung geht der Teil des Teams, der nicht elektiv operiert, erst einmal gemeinsam frühstücken, und auch nach Feierabend sind wir hin und wieder mit Leuten aus dem Team noch etwas trinken gegangen. Gerade die Assistenten haben sich oft Zeit genommen,gemeinsam radiologische Befunde durchzugehen, uns chirurgische Knoten und Nähen beizubringen oder Fragen zu beantworten. Man darf auch mit in Sprechstunden, zur OP-Planung oder mit dem diensthabenden Arzt in die Notaufnahme. Gerade weil man nicht einfach nur mitläuft, sondern sich nützlich machen kann, ist die Lernkurve hier richtig steil, und die Arbeit macht wirklich viel Spaß. Der Umgangston war dabei jederzeit respektvoll und wertschätzend, was gerade in Deutschland definitiv nicht in jedem neurochirurgischen Department der Fall ist.

Nebenbei gesagt ist die gesamte Organisation am Kantonsspital nicht mit einer deutschen Klinik vergleichbar, was sich hauptsächlich darin äußert, dass alles funktioniert und organisiert ist. Man bekommt am ersten Tag eine strukturierte Einführung inkl. eigenem Zugang zu den IT-Systemen. Arbeitskleidung und Klinikausweis werden gestellt, es gibt auch eine elektronische Arbeitszeiterfassung. Die Klinikmensa ist tatsächlich ziemlich gut und für Schweizer Verhältnisse auch recht günstig. Tipp: Über das Intranet kann man sich für moderates Geld Boxen mit überzähligem Essen zusammenstellen lassen, die man abends abholen kann. St. Gallen selbst ist eine sehr schöne, eher gemütliche Stadt, in der man sich schnell zurechtfindet. Der Stiftsbezirk ist definitiv eine Besichtigung wert, ansonsten kommt man als Naturfreund in den umliegenden Bergen voll auf seine Kosten. Mit dem Auto ist man sehr schnell am Bodensee, in Österreich oder auch Oberitalien, und u.a. Zürich ist nur eine Zugstunde entfernt. Wenn man im Wohnheim des KSGs wohnt, knüpft man auch sehr schnell Kontakte zu anderen Famulanten/PJlern.

Fazit: Wer sich für Neurochirurgie interessiert, bereit ist, sich einzubringen und in einem richtig coolen Team zu lernen und arbeiten, ist hier goldrichtig. Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, noch einen Monat dranzuhängen. Absolute Empfehlung!
Bewerbung
Ich hatte mich ca. 1,5 Jahre vor meiner Famulatur über das Bewerbungsportal der KSG beworben. Auf der Website kann man gut nachvollziehen, für welche Zeiten noch etwas frei ist. Der ganze Prozess ist super gut organisiert, man muss sich nach Annahme des Platzes um nichts mehr kümmern. Es bietet sich an, im Wohnheim auf dem Campus unterzukommen (Preise weit unter dem normalen Mietspiegel!).

Einziges Manko: Als ich mich beworben hatte, hat man als Famulant noch genauso viel Geld wie ein PJler bekommen, was eigentlich auch fair ist, weil man effektiv dieselbe Arbeit macht. Das hat sich jetzt wohl geändert, man bekommt signifikant weniger Lohn! Angesichts des deutlich höheren Preisniveaus in der Schweiz sollte man sich dessen bewusst sein.
Unterricht
Häufiger als 5x / Woche
Inhalte
Nahtkurs
Patientenvorstellung
Bildgebung
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Untersuchungen anmelden
Rehas anmelden
Poliklinik
Punktionen
Chirurgische Wundversorgung
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Briefe schreiben
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Patienten untersuchen
Röntgenbesprechung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
ca 900 CHF nach allen Abzügen (inkl. Unterkunft)
Gebühren in EUR
ca 350 CHF

Noten

Stimmung Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
1
Stimmung Klinik
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
2
Lehre auf Station
1
Insgesamt
1

Durchschnitt 1.13