Famulatur Gynäkologie in Kantonsspital St. Gallen (8/2015 bis 9/2015)

Krankenhaus
Kantonsspital St. Gallen
Stadt
St.Gallen
Station(en)
Gyn 1/2, Gebärsaal
Fachrichtung
Gynäkologie
Zeitraum
8/2015 bis 9/2015
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Leipzig
Kommentar
Ich muss sagen, dass ich mit großen Erwartungen an diese Famulatur herangegangen bin - zum einen, weil es meine letzte war und zum anderen, weil man von der Schweiz ja immer wieder gute Dinge hört und liest.
Ich nehme aber gleich vorweg, dass diese Erwartungen leider gar nicht oder nur zum Teil erfüllt wurden :(

Positiv war mein Eindruck im Vorfeld, da Bewerbung und Empfang vor Ort absolut reibungslos abliefen. Der Schlüssel für das Zimmer war bei Ankunft an der Information im Haus 4 hinterlegt.
Am ersten Tag rennt man zunächst vom Personalbüro/Logierwesen/Wäscherei bis letztlich zur Station alles ab. Einweisung in der Klinik an sich erfolgte durch die -im Übrigen unglaublich nette- Chefarztsekretärin, später dann durch einen anderen Uhu.
Tagesablauf: Der Tag beginnt 7.30 (außer Mittwoch, da 7.20) mit dem Rapport. Anschließend geht es fast ausnahmslos in den OP, wo man sich-je nach Fülle des Programms-etwa bis zum Mittag, nicht selten aber auch mal bis 17./18.00 aufhält. Am Nachmittag macht man dann die Austrittsgespräche mit den Wöchnerinnen. Das ist so als Übung zur Gesprächsführung mit Patienten gar nicht so schlecht, am Ende rattert man das ganze aber nur noch wie ein Gedicht herunter. Ich habe diese Gespräche später einfach nur noch als nervig empfunden, gerade wenn man an manchen Tagen bis zu 10 davon machen muss-und habe mich deshalb lieber in den OP verkrochen :P Weiterhin gehört zu den Aufgaben das Erheben eines Status: Eine simple Aufnahmeuntersuchung, die bei Aufnahme fast immer vergessen wird und deshalb dann bei Entlassung gemacht wird-mäßig sinnvoll. Manchmal habe ich auch dabei geholfen, Akten im PC mit einzugeben – auch wenn das nicht unsere Aufgabe ist – entlastet die Assistenten aber sehr. Sind viele UHUs da (wir waren anfangs zu 7.), hat man auch die Möglichkeit, bei Untersuchungen in der Ambulanz/im Gebärsaal oder der ZNA dabei zu sein.
Der Nachmittagsrapport findet dann um 16.15 (Freitag 16.00) statt. Danach kann man, wenn alles erledigt ist, als UHU Heim gehen. Montags kommt nach dem Rapport manchmal noch ein Pharmareferent, dienstags gibt es von 16.30-17.00 immer eine fachinterne Weiterbildung. Feierabend ist demnach meist gegen 16.30, es gab aber auch Tage, an denen ich bis 18.00 im OP war.
So sieht der Frühdienst aus, den ich 4 Wochen hatte. Eine Woche hat man aber auch Spät-und Bereitschaftsdienst (Pickettdienst). Dieser beginnt Freitag 15.30. Man bleibt dann bis 19.30 in der Klinik und kann dann, wenn nichts mehr zu tun ist, mit dem Pieper nach Hause gehen. Allerdings hat man dann bis Montag, 7.30, Bereitschaft. Außerdem muss man Samstag 8.30 zum Rapport erscheinen. Die Woche über ist man von 15.30 – 19-30 in der Klinik, Bereitschaft hat man von 19.30-7.30. Toll ist, dass es einen Tag Freizeitausgleich gibt. So hat man Freitag ab 7.30 Wochenende. Nachts wird man meistens zu Sectios gerufen, selten auch mal zu einer Laparoskopie.
Positives: Fange ich mal mit den guten Dingen an, schließlich war ja nicht alles schlecht. Das Team an sich ist nett. Besonders einige Assistenzärzte haben immer ein offenes Ohr für Fragen und beantworten diese auch gern. Ebenso an der Lehre der Studenten interessiert ist der Chefarzt, der wirklich unglaublich nett ist und sich Zeit zum Erklären nimmt - Fragen erwünscht. Allerdings sollte man bei ihm auch nicht komplett unvorbereitet in den OP gehen, kann sonst peinlich werden ;)
Einen ebenso positiven Eindruck hatte ich vom OP/Pflege und Hebammenteam. Man wird herzlich integriert und auch mal als angehender Mediziner geachtet...die meisten kommen sogar noch auf dich zu und stellen sich vor (ich wusste nach einer Weile nicht mehr, bei wem ich mich bereits vorgestellt hatte :D )...so etwas kannte ich von Deutschland gar nicht und war entsprechend positiv überrascht. Angenehm ist auch, dass sich alle duzen (außer den Chef habe ich einfach mal alle geduzt). So kommt man gerade bei den jungen Ärzten gar nicht erst ins Hadern, ob Du/Sie.
Jeden Mittwoch findet um 7.30 eine online-Fortbildung mit mehr oder weniger interessanten Themen statt. Das reizvolle ist aber, dass es dazu kostenlos Kaffee und Gipfeli (zu deutsch: Croissants) gibt :D Meistens hört man davon eh nur den Anfang, da ja pünktlich 8.00 die OPs losgehen.
Die Frauenklinik in St. Gallen ist eine der größten der Schweiz. Entsprechend bekommt man auch einiges zu sehen...sowohl im OP als auch im Kreißsaal (oder "Gebärsaal", wie man hier so schön sagt). Vorausgesetzt natürlich man hat mal die Zeit, dort vorbeizuschauen.
Weiterhin klasse ist, dass man (und ich glaube, nur in der Frauenklinik) einen 50 CHF-Gutschein für St. Gallen geschenkt bekommt. Diesen kann man zB auch im Coop einlösen, Restguthaben bekommt man ausgezahlt. Also zum Gehalt nochmal 50 CHF oben drauf-tolle Sache!
Des Weiteren war die Woche Pickettdienst eine super Erfahrung. Da man eigentlich die meiste Zeit mit einem Assistenzarzt zusammen unterwegs ist, bekommt man mal was zu sehen und muss nicht ausschließlich die stupiden Stationsaufgaben erledigen. Tatsächlich hatte ich in dieser Woche auch mal das Spekulum und die Vaginalsonde in der Hand. Der Lerneffekt in dieser Woche war demnach um einiges größer als in den 4 Wochen Frühdienst. An 5 von 7 Nächten wurde ich auch rausgeklingelt – einerseits nervig, aber eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte (läuft ja später schließlich auch so ab).
Negatives: Der Gesamteindruck war dennoch nicht so berauschend. Man merkt einfach, dass man was verdient – entsprechend wird auch etwas von einem erwartet – und diese Aufgaben sind nun mal sehr simpel und ohne großen Lerneffekt. Ich habe das, was eine Famulatur sonst für mich ausmacht, sehr vermisst: Einfach mal Dinge mit anschauen, die einen interessieren und sich nach Möglichkeit selbst probieren. Dies hat die Zeit wie gesagt nur sehr selten zugelassen.
Weiterhin habe ich es als sehr schade empfunden, dass man sich, vor allem im Gebärsaal, permanent unerwünscht fühlt und deshalb leider nur hilflos in der Gegend steht. Auch deshalb habe ich in meiner Zeit dort nur 2 Geburten gesehen. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass man sich im Vorfeld bei den Frauen vorstellt und fragt, ob man dabei sein darf. Dies geht aber nun mal nur, wenn die Frau nicht in den Presswehen liegt und noch einigermaßen klar denken kann. Entsprechend können danach noch viele Stunden vergehen, bis was passiert. In der Zeit wiederum steht man nur sinnlos in der Ecke des Zimmers rum (direkt zwischen die Beine schauen ist nämlich auch nicht erlaubt). Ich hatte jedoch Glück mit der Hebamme, hab ein bisschen Eigeninitiative gezeigt und durfte dann auch mal das Köpfchen tasten.
Auch im OP ist die Stimmung (jedenfalls bei den meisten Operateuren) eher mäßig. Oft muss man lediglich stundenlang den Uterus halten und dabei im besten Fall den Mund halten. Hat man viel Glück, darf man bei Laparoskopien am Ende nähen. Gelernt habe ich im OP so gut wie nichts…
Mit zur Frauenklinik gehören außerdem ein Brustzentrum, das Beckenbodenzentrum, eine Neonato und das Fiore (Kinderwunschzentrum). Mir wurde anfangs gesagt, wenn ich will, sollte es kein Problem sein, dort mal einen Tag zu hospitieren. Da wir aber jeden Tag im OP eingeplant waren, ist daraus leider nichts geworden – lediglich einen Vormittag durfte ich mal ins Brustzentrum verschwinden. Wenn man aber die Möglichkeit hat, sollte man diese auf jeden Fall nutzen.
Obwohl 90% des Teams wirklich nett sind, ist die Stimmung eher mau. Besonders die leitende Oberärztin der Geburtshilfe ist eine ganz fiese Kröte. Sie hasst Studenten aller Art, man kann prinzipiell nur alles falsch machen und im OP herrscht bei ihr ein sehr rauer Umgangston. Davon aber nicht beirren lassen-sie ist wirklich zu allen Studenten so.
Weiterhin gestört haben mich die doch sehr langen Arbeitszeiten, teilweise 10h ohne Mittagspause 
Sonstiges und Wissenswertes: Die Unterkünfte sind zweckmäßig aber völlig ok. Es gibt verschiedene Wohnheime. In der Greithstraße wohnen 10 Personen auf einer Etage und teilen sich Bad und Küche. Dort ist es sehr gesellig und man kommt schnell in Kontakt mit anderen UHUs. Hätte ich die Wahl, würde ich dort wohnen wollen.
Ich jedoch war in der Volksbadstraße untergebracht. Die Wohnungen sind dort etwas moderner und man wohnt in richtigen 4er-WGs. Perfekt, wenn man seine Ruhe haben möchte, denn besonders häufig läuft man sich nicht über den Weg. Vorm Haus befindet sich ein Sportplatz, bis ins Stadtzentrum braucht man ca. 10 Minuten zu Fuß. Kostenloses WLAN hat man auf dem gesamten Klinikgelände.
St. Gallen ist ein niedliches und sehenswertes Städtchen. Auch feiern gehen ist möglich (Club Elephant, donnerstags Eintritt kostenlos, sonst glaube 20CHF). Im Sommer sollte man unbedingt zu den 3 Weihern gehen. Diese erreicht man über knapp 600 Treppenstufen, hat aber einen herrlichen Ausblick über die Stadt bis zum Bodensee und kann dort ein erfrischendes Bad nehmen. Auch der nahe gelegene Wildpark ist zu Fuß zu erreichen. Wer lieber im Bodensee baden möchte, sollte nach Rorschach fahren (15 min). Zürich erreicht man in ca. 1h mit dem Zug, ebenso Konstanz. Letzteres rechnet sich schon allein zum Einkaufen gehen, da die Preise in der Schweiz echt hoch sind (ca doppelt so hoch wie in Deutschland). Wer am Ende dennoch ein paar CHF übrig hat, sollte sich ein Käsefondue im Fondue Beizli gönnen.
Ich hatte letztlich doch mehr mit der Sprache zu kämpfen als gedacht. Wissenswert ist auch, dass „Hallo“ und „Tschüss“ als unhöflich gelten. Man sagt „Grüzi“ und „ade“.
Fazit: Erwartungen nicht erreicht, aber auch nicht alles schlecht. Für eine erste Famulatur sicherlich nicht übel, da auch keine Vorkenntnisse benötigt werden. Als PJ in meinen Augen (aufgrund von Unterforderung) absolut keine Option, wenn man nicht gerade vorhat, sich am Haus bewerben zu wollen. Mit dem Gehalt kommt man sehr gut hin.
Ich habe für mich selbst zumindest herausfinden können, nicht in der Schweiz leben und arbeiten zu wollen!
Bewerbung
Ich habe mich kanpp 1 Jahr zuvor im Chefarztsekretariat (Fabienne Hagger) beworben, 6 Monate vorher reichen aber wahrscheinlich auch.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Mitoperieren
EKGs
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Notaufnahme
Poliklinik
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
600

Noten

Stimmung Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
3
Stimmung Klinik
3
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
3
Lehre auf Station
3
Insgesamt
4

Durchschnitt 3.47