Famulatur Gynäkologie in Paracelsus-Spital Richterswil (8/2010 bis 9/2010)

Krankenhaus
Paracelsus-Spital Richterswil
Stadt
Zuerich
Station(en)
Wöchnerinnen, Gebärsaal, Innere, Ambi
Fachrichtung
Gynäkologie
Zeitraum
8/2010 bis 9/2010
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Freiburg
Kommentar
Ich tue mich etwas schwer, meine Erfahrung in Zahlen auszudrücken.

Also, das Paracelsus-Spital ist ein kleines Haus, das einen Sonderstatus hat, weil dort sowohl anthroposophische als auch Schulmedizin gemacht wird (die Klinik hat auch einen Versorgungsauftrag als Akutspital).

Das Haus ist daher recht überschaubar, und obwohl ich eigentlich Gyn-Famulant war, habe ich in den 6 Wochen alles mögliche gemacht (das wollte ich aber auch):
- wenn die Eltern einverstanden waren, durfte ich in den Gebärsaal und dort bisschen Hand halten, der Hebamme zur Hand gehen usw, man konnte sich auch wünschen, dass man auch nachts angerufen wird, wenn man unbedingt keine Geburt verpassen will
- Briefe (Geburtsbericht und Verlauf auf der Wöch) habe ich viele diktiert (ja Luxus, die schreibt die Sekretärin)
- ich habe aber auch stationäre Aufnahmeuntersuchungen in der Inneren gemacht, da ordnet man dann gleich die nötigen Dinge an wie EKG, Labor usw. und anschliessend schreibt man den Eintrittsbericht, das hat bei mir am Anfang immer ewig gedauert, aber ist ne super Uebung
- bei Fallbesprechungen durfte man seine Pat. dann vorstellen
- wenn im OP Not am Mann war, bin ich da mit an den Tisch gegangen, war aber echt selten
an Wochenenden hat immer ein Assistent und ein UHU Dienst, das ist eigentlich cool, man geht dann zusammen auf Visite, ausser für die Stationen ist man noch für das Ambulatorium zuständig, wo Querbeet alles reinkommt, in den Finger geschnitten, Appendizitis usw., das war auch entspannt, wenn da nix weiter zu tun war, wurde man nach Hause geschickt und musste nur halbwegs in Rufnähe bleiben, dann bin ich dann oft an den See schwimmen gegangen (10 Minuten zur Klinik)
man sollte bedenken, dass während der Sommerferien keine Chirurgie stattfindet, da sind die Betten dann von der Gyn mit belegt oder leer, also das ging glaube ich erst so Anfang September wieder los, dass da Pat für elektive OPs aufgenommen wurden (urologische, Thyreoidektomien, Hernien etc).

Die Arbeitszeit war sehr verträglich, kurz vor acht gings los mit der Morgenandacht, da wurde gesungen (und zwar alle einschliesslich OA, daran muss man sich gewöhnen), dann gabs (nicht jeden Tag) nen kurzen Röntgenrapport und anschliessend verteilt sich jeder in seine Abteilung, also in meinem Fall kurze Gyn-Frühbesprechung. Dann fingen die OA mit ihren Sprechstunden an und ich bin meistens mit den Assistenten auf Station gegangen, Visite machen. Ein Mal in der Woche war früh 1h sowas wie Fortbildung, da erzählt zB einer was über eine Heilpflanze und deren Anwendung oder so, da sollte man sich, wenn man länger da ist, auch 1 Mal mit nem Vortrag beteiligen, das ist aber echt locker. Mittagspause ist dort auch Pause, wenn es der tag zuliess, durfte man auch mittags 1h den Piepser stecken (! da lachen ja in Deutschland die Hühner), nee wirklich, also man hätte auch heim gehen und sich dort was kochen können. Aus Faulheit und Geselligkeit bin ich aber immer in der Klinik geblieben, die Kantine ist naja, schweizerisch teuer, aber es geht. Also ich hab dann lieber abends zu Hause noch mal richtig gekocht. Sitzen tut man da auf der Terrasse im Sommer sehr schön, mit tollem Panorama rundrum. Um 4 gab es noch eine Gyn-Nachmittagsbesprechung, aber wenn man da noch anderweitig beschäftigt oder schon verdampft war, hat auch keiner was gesagt. Also das lag auch bisschen an einem selber, wenn man drauf wartet, dass drei Leute einem sagen, du darfst gehen, dann hockt man natürlich ewig da, aber wenn man seine Arbeit erledigt hat und das Gefühl hat, heut passiert nix spannendes mehr, dann sollte man einfach sagen, ich geh jetzt. Also ich war meistens gegen vier draussen. Mit dem Dienstplan spricht man sich ab mit den anderen UHUs, das ging bei uns problemlos, glaube, dass am Ende jeder halbwegs seine Wünsche untergekriegt hat. Für jeden Tag, wo man am Wochenende gearbeitet hat (also man kann auch nur Sa oder nur So machen), bekommt man einen Tag frei, und wo man den nimmt, konnte man sich raussuchen. Ausserdem hat man Anspruch auf so und so viele freie Tage pro Monat, ich hab mir dann meine freien Tage plus Kompensationstage so gelegt, dass ich mittendrin ne ganze Woche am Comer See Urlaub gemacht hab und die restlichen Tage hab ich ans Ende gelegt, da konnte ich eher heim. Also echt angenehm.

Mit dem anthroposophischen das muss man sich halt überlegen - die meisten AAs und UAs kommen ja aus Deutschland und man darf sich das nicht so vorstellen, dass dort nur freaks am Werk sind. Die OAe vertreten natürlich diese Philosophie und viele Pat wollen auch genau deshalb in diese Klinik, aber man muss das jetzt nicht total gut finden, um dort arbeiten zu können, ich wurde auch nie nach meiner Einstellung dazu gefragt. Ich hatte eher den Eindruck, dass die Mehrheit der AAs und UAs selber damit nicht so viel am Hut hatte. Man wird dort überhaupt nicht missioniert oder genervt, aber man muss sich seinerseits drauf einstellen, dass es Unterschiede zu normalen Kliniken gibt und dass die Schulmedizin dort etwas eingestaubter ist. An positiven Unterschieden ist zu nennen, dass das Klima sehr entspannt ist, man nimmt sich auch locker mal 2 h Zeit, um von einem Pat die ganze Kindheit und das Leben in Jahrsiebten zu erfragen und das dann auf einer interdisziplinären Besprechung vorzustellen, sodass auch der Maltherapeut, die Pflege, die Heileurythmie und der Onkologe Bescheid wissen. Sowas finde ich ziemlich erstaunlich, weil in Deutschland nie Zeit für so etwas wäre. Das betrifft aber auch das Personal, also ich habe in meiner bezahlten Arbeitszeit auch selber gemalt, und getöpfert und getanzt, immer in ner Gruppe mit den anderen AAs und UAs, aber das fand ich ganz lustig. Bei den Medikamenten wird natürlich genauso wie bei uns ein Betablocker bei Hypertonie gegeben, aber es gibt fast immer pflanzliche Sachen dazu. Oder bei Dingen, die jetzt nicht so akut sind, wenn da einer mal schlapp ist oder Schmerzen hat, dann möchten viele Pat zuerst was natürliches probieren und ansonsten kriegen sie halt dann doch das schulmedizinische.

Die Gyn ist quasi das Aushängeschild dieser Klinik und man hatte bei den Geburten überhaupt nicht dieses Krankenhausgefühl. Bei uns wird die Frau ja teilweise in nen grün abgedeckten Saal gezerrt und muss dann auf dem Rücken liegend unter Anwesenheit von 10.000 Aerzten ihr Kind kriegen, das wird dort komplett anders gemacht. Die Gebärsäle sind ein ruhiger etwas abgetrennter Bereich, genauso wie der Rest der Klinik mit freundlichen Farben und viel Holz und so eingerichtet, es gibt verschiedenste Bälle, Hocker und Schlaufen, und verstellbares Bett und Gebärwanne, dann kann sich die Frau raussuchen, wies fürs sie am angenehmsten ist. Die Hebamme betreut sie natürlich die ganze Zeit, untersucht in regelmässigen Abständen wie der Kopf steht und so, und wenn man sich an die dranhängt, kann man viel lernen. Auf die letzte halbe Stunde kommt dann meist der AA dazu und wenns soweit ist noch der OA, der schaut gleich nach dem Kind, überwacht die Nachgeburtsperiode und näht die Dammrisse, wo man dann assistiert. Insgesamt läuft dort alles bisschen natürlicher ab, also zB ne Beckenendlage ist dort kein zwingender Grund für ne Sectio, wenn es prinzipiell geht und die Mutter das will, wirds erstmal auf normalem Wege probiert, mit Zwillingen genauso. In der ganzen Zeit, wo ich da war, gab es nur 2 oder 3 Sectios (aus medizinische Gründen). Insgesamt waren es ca. 5 Babys pro Woche, konnten aber auch mal 3 in einer Nacht sein. Meistens bleiben die Mütter paar Tage da, es gibt auch Familienzimmer, wo der Vater mit übernachten kann.

Ein weiterer Zweig in dem Haus ist die Onko, sehr viele Mamma-CAs, sowas interessiert mich persönlich überhaupt nicht, aber man bekommt es mit. Einige Pat kamen dort auch palliativ hin, auch ein grosser Unterschied zu uns, wenn dort ein Pat starb, gab es eine Aussegnungsfeier, wo alle, die denjenigen zuletzt betreut hatten (OA, Pflege...), etwas zu der Person gesagt haben, dann wurde auch gesungen und aus der Bibel gelesen, während der Verstorbene mit Blumen rundrum dort lag und die Angehörigen rundrum sassen. Für mich waren das die ersten Toten (abgesehen vom Präpkurs) und ich empfand das als sehr gut, die Angehörigen waren auch immer dankbar.

Naja, zusammenfassend würde ich sagen, es hängt vom eigenen Engagement ab, wie viel und was man dort macht, die AAs kann man jederzeit alles fragen oder auch einfach mitlaufen, man kann sich in die Sprechstunden reinsetzen oder eben selber aktiv werden. Die PJler waren eigenständiger als ich, die haben wirklich eigene Pat betreut, die Verordnungen gemacht und man bespricht das dann mit dem OA, der zwar nicht immer Zeit hat, aber einem auch hilft. Die Wundversorgung im Ambi haben immer die AAs gemacht, aber vielleicht hätte ich da nur etwas drängeln müssen. Im OP ist es stark davon abhängig, wer gerade da ist, ich muss sagen, dass ich eine bessere Stimmung im OP gewöhnt bin, bei denen wird viel ernst getan und einfach geschwiegen bei langweiligen OPs, bei denen man eigentlich Spass haben könnte (4h nur Ligaturen machen bei ner Schilddrüse...schnarch). Einmal kam aber notfall-mässig ein Appendix und da war ich mit dem OA allein am Tisch und hab die Kamera geführt. Bei den Gynäkologen machen die OAe fast alles selber und selbst die AAs dürfen nur Tupfen und Saugen, also da bleibt man besser auf Station. Insgesamt waren die Gyn-OAe nicht so meine Anlaufstelle, da waren die AAs präsenter. Die Anästhesie ist nett, man kann da Zugänge legen oder mit einleiten, wenn man Lust hat. Ansonsten ist die Pflege sehr patent, sodass man mit Tätigkeiten wie Blutentnahme und Verbänden überhaupt nie belästigt wird. Was mich etwas genervt hat, war das altmodische System, die hatten immer noch viel auf Papier und die ganzen Anordnungen und Untersuchungen waren immer ein ziemlicher Zettelwust. Oder wenn man ganz schnell nen Laborwert wissen wollte, musste man halt selber die Etage runter laufen zum Labor, um den gelben Zettel abzuholen oder zumindest anrufen. Aber vielleicht ändern sie das.
Prinzipiell sieht man keine dramatischen Dinge, im Haus gibt es nur zwei Ueberwachungsbetten, wo man Pat monitoren kann, es gibt auch kein MRT usw., also wenns komplizierter wird, werden die Leute verlegt. Als ich dort war, gab es gerade viel Bewegung bei den AAs, die einfach bisschen unterbesetzt waren, dafür dass sie so viel Arbeit hatten, wenn man dann ständig Dienst machen muss, ist das ja nicht so schön, dementsprechend war so bissl Aufbruchsstimmung. Aber zu mir und unternander waren trotzdem alle nett. Man wird am Anfang auch sehr freundlich empfangen und richtig eingearbeitet, also eigentlich kein kaltes Wasser in Sicht.

Ich hatte grosses Glück - obwohl ich mich nur paar Monate im Voraus beworben hatte und erst ganz kurz vorher gesagt hab, dass ich doch eine Personalunterkunft brauche, habe ich eins von zwei Zimmern in der Personalwohnung bekommen (alle anderen müssen ins Wohnheim, was wohl alt und nicht so schön ist, weil da auch externe Leute mit wohnen). Die Wohnung war spitze, mit richtiger Küche, Bad und Balkon, jeder ein grosses Zimmer, Waschmaschine und Trockner konnte man so oft man wollte benutzen (im Keller) und zum See warens 5 Minuten. Dazu hatte ich einen total netten Mitbewohner (Innere-PJler). Dafür bekam man 470 CHF direkt vom Gehalt abgezogen (für Schweizverhältnisse nicht teuer). Wenn man in der Schweiz arbeitet (egal, wo), muss man ein bisschen was in die Rentenausgleichskasse (AHV) einzahlen. Den Rest bereitet die Sekretärin vor, alles easy, bis zum Spind und Namensschild ist dort für alles gesorgt.

Achso, eigentlich gibt es für die UHUs 1x pro Woche einen EKG-Kurs, der super toll sein soll, aber der Arzt war irgendwie im Urlaub, als ich da war.

Richterswil ist ein grosses Dorf am südlichen Ufer des Zürichsees. Mit der S-Bahn, die auch nachts regelmässig fährt, ist man in ner knappen halben Std in Zürich. Es gibt 3 Einkaufsmärkte (coop für Alkohol, Migros, und nen etwas günstigeren privaten). Im Nachbarort Wädenswil ist auch ein grösseres Einkaufszentrum. Ich war oft am See zum Baden, von da aus ist man auch in 5 Minuten zu Hause und in 10 bei der Klinik. Ansonsten weggehen in Zürich. Schöne Berge rundrum und Wandermöglichkeiten.
Bewerbung
generell für die Schweiz lieber so lange im Voraus wie möglich, aber spontan kann man auch Glück haben
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
EKG
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Untersuchungen anmelden
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
1200 CHF

Noten

Stimmung Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
2
Stimmung Klinik
2
Unterricht
3
Betreuung
2
Freizeit
1
Lehre auf Station
2
Insgesamt
2

Durchschnitt 2