Famulatur Innere in Vaernamo sjukhus (9/2023 bis 10/2023)

Krankenhaus
Vaernamo sjukhus
Stadt
Vaernamo
Station(en)
Geriatrie, Kardiologie, Pneumologie, Gastroenterologie, Neurologie
Fachrichtung
Innere
Zeitraum
9/2023 bis 10/2023
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Ich habe lange dafür gekämpft, eine Famulatur in Schweden machen zu können, daher möchte ich euch den Weg dafür etwas erleichtern.

Erst einmal: Bewerbt euch gleich bei den kleinen Krankenhäusern. Ich habe bestimmt die 20 größten abgeklappert und nur Absagen bekommen. Stockholm, Göteborg etc. wollen leider meistens nur schwedische Studenten haben oder vergeben gar keine an ausländische Studenten. Ich hatte dann Glück, dass mich ein freundlicher Oberarzt aus Linköping meiner Mail angenommen hat und mich an die Medicinkliniken Värnamo weitergeleitet hat, die nach einigem Hin und Her dann bereit waren, mich aufzunehmen. Die ganze Kommunikation war sehr direkt per Mail und sehr freundlich, aber man muss dranbleiben. Dazu habe ich zur Finanzierung ein Stipendium von "Hamburglobal" bekommen.

Bei dem ganzen Prozess (und auch im Krankenhaus später) ist es unabdingbar, halbwegs brauchbares Schwedisch zu sprechen. Die Kliniken setzen das voraus, und auch wenn Schweden im Allgemeinen gut Englisch sprechen, wird auf der Station nun einmal mit den Patienten schwedisch gesprochen. Ich bin mit einem (selbst eingeschätzten) ca. B1 Level hingegangen und ich würde das als untere Grenze empfehlen. Dennoch konnte ich von Anfang an das meiste verstehen (vor allem, wenn die Leute direkt mit mir und eher langsam gesprochen haben) und habe mein Schwedisch im Alltag in den sechs Wochen extrem verbessern können.

Medizinisch hatte ich mir mehr von der Famulatur erhofft. Ich konnte jeweils eine Woche über die Geriatrie, Kardiologie, Neurologie (2 W), Gastroenterologie und Pneumologie rotieren und konnte somit viel sehen, viele Ärzte kennenlernen und von mehreren Fachrichtungen einen kleinen Eindruck bekommen. Jedoch war vor allem am Anfang die Sprachbarriere noch so stark, dass ich nur mitlaufen konnte und keine eigenen Patienten o.Ä. betreuen konnte- also auch hier, je mehr schwedisch, desto besser!
Man bekommt einen Assistenzarzt als Tutor jede Woche zugewiesen, der einen mitnimmt. Die haben sich bei Fragen zu Patienten auch wirklich immer Zeit für mich genommen! Auch durch das allgemeine "Du" zu jedermann fühlt man sich schnell sehr vertraut.
Jedoch ist das medizinische System in Schweden anders als in Deutschland. Erst einmal ist der Arbeitsalltag deutlich ruhiger. Ich musste (wie alle anderen Ärzte auch) immer erst um 8 zur Morgenbesprechung kommen und hatte offiziell um 16.30 Schluss, oftmals mangels Aufgaben auch schon früher. Auf Visite geht man erst nach der Besprechung mit den Physios etc. und einer ausführlichen Runde mit den Krankenschwestern, meistens nicht vor 9 oder halb 10. Und danach heißt es: Dokumentieren. Im allgemeinen elektronischen Patientensystem wird jeden Tag ein kleiner Eintrag gemacht, es werden Untersuchungen angeordnet und Epikrisen am Ende geschrieben. Bei der Visite konnte ich manchmal mituntersuchen (wenn auch nicht allzu viel) und habe danach meistens für ein, zwei Patienten mit dokumentiert oder bin selbst noch einmal zu einigen Patienten gegangen.
Danach war Mittagessen, was man sich selber mitbringt und zusammen mit den Assistenzärtzen und PJlern ist (meistens sehr nette und offene Runde) und danach hatte ich dann meistens (um 1) nichts mehr zu tun. Die Ärzte häufig aber auch schon nicht mehr. Ich bin dann, je nach Möglichkeit, in die Nieren- oder Geriatrieambulanz gegangen, was oft sehr interessant war. Aber insgesamt konnte ich klinisch nicht allzu viel lernen, sondern eher nur sehen.
Unterricht gibt es für die PJler, das habe ich jedoch erst am Ende mitbekommen und hätte selber danach fragen sollen, was ich vorher nicht getan habe. Dieser findet einmal wöchentlich statt.

Etwas befremdlich fand ich dazu, wie wenig klinisch die Ärzte gearbeitet haben. Untersuchungen wurden grundsätzlich nur angeordnet und durch die "Klinisk Fysiologie" durchgeführt- inklusive Echos auf der Kardiologie oder LPs auf der Neurologie etc.. Die Ärzte haben die Patienten oft nur morgens bei der Visite gesehen und waren dann (außer bei akuten Sachen) im Arztzimmer, was oft sogar außerhalb der Station lag. Teilweise habe ich mich mehr als Protokollant denn als angehender Arzt gefühlt, obwohl ich immer wieder versucht habe, mich auch so einzubringen. Auch hatte ich das Gefühl, dass gerade die jungen Assistzenzärzte noch deutlich weniger wussten und klinische Situationen schlechter handeln konnten als in Deutschland. Eine Kollegin gestand mir sogar einmal, dass ihr Vater nie zu schwedischen Ärzten gehen würde, weil "die nichts können würden". Das insgesamt gute Gesundheitssystem mit der weit fortgeschrittenen Digitalisierung und die hohe Effektivität hat eben auch ihre Schattenseiten, die sich in meinen Augen in der geringeren Leistungsfähigkeit des Einzelnen widerspiegelt.
Noch ein Kritikpunkt: häufig fühlte sich keiner für einen Patienten zuständig, sondern weil man oft nur Untersuchungen und Beurteilungen an Kollegen abgab, gab es keinen Arzt, der für einen Patienten wirklich die Zügel in der Hand hielt. Die oft multidisziplänere Arbeitsweise führt mMn auch zu einem Verlust des Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen.

Zur Freizeitgestaltung muss man sagen, dass Värnamo eben eine Kleinstadt mitten in Südschweden ist. Es gibt sehr viele schöne Seen und Wälder in der Umgebung zum Erkunden. Zweimal war ich im "Store Mosse Nationalpark", Schwedens größtes Moor südlich von Lappland, und habe beide Male Elche gesehen (Mit Kalb ;)). Auch haben wir einen Trip an die Ostseeküste gemacht, da von da aus alles nicht so richtig weit weg ist. Aber es gibt eben keine Uni in Värnamo, daher habe ich mich am Anfang etwas schwer getan, Anschluss zu finden. Die Studenten aus Linköping kommen aber meist für so 3-4 Wochen klinischen Blockunterricht in den höheren Semestern nach Värnamo, sind dann aber nur 3 Tage die Woche da.

Zur Unterkunft: Man lebt in einem ziemlich billigen Studentenwohnheim mit den anderen, sauberes Zimmer inklusive Bad und Gemeischaftsküche zu fünft. Meistens war ich jedoch der einizige, der dort gelebt hat. Ausländlische Studenten sind hier generell sehr selten. Die Unterkunft war fünf Minuten von KH entfernt und insgesamt super. Und zum Ende hin habe ich über einen PJler mit im Fußballverein trainieren können, was mir auch extrem viel Spaß gemacht hat. Ich habe mich dann gerade zum Ende hin gut eingelebt und wohlgefühlt und meine Zeit- trotz der etwas dürftigen Klinik- sehr genossen.

PRO:
-Sprache verbessern
-Anderes Gesundheitssystem kennenlernen, Deutschland wertschätzen lernen
-Nette, offene Ärzte
-Flache Hierarchien
-Bei Selbstinitiative sehr viel Verschiedenes, was man sehen kann
-Schönes Umland
- Ruhiger Arbeitsalltag

CON:
-wenig klinische Tätigkeiten, viel Dokumentieren
-wenig Studenten in der Stadt, Kontakt am Anfang schwierig


Ich würde meine Famulatur aber auf jeden Fall wieder in Schweden machen. Wenn möglich, wäre es bestimmt gut, wenn die Stadt eine Uni hat (falls diese denn ausländische Studenten aufnehmen), aber mir hat es persönlichen sehr viel gebracht und auch Spaß gemacht, für sechs Wochen ein neues Land intensiv kennenzulernen. Und auch wenn es klinisch nicht perfekt zum Lernen war, habe ich einen neuen Blick auf das deutsche Gesundheitssystem bekommen, für den ich dankbar bin. Dazu weiß ich jetzt, dass ich in Schweden immer wieder einen Anlaufpunkt habe, was auch ein tolles Gefühl ist. Also, wenn du schwedisch ein bisschen sprichst und Lust auf was Neues hast- worauf wartest du?
Bewerbung
Halbes Jahr im Voraus über Neshro Barmano (Linköping).
Zeit für Absagen einplanen und dranbleiben!
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Fallbesprechung
EKG
Tätigkeiten
Patienten untersuchen
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Patienten aufnehmen
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
EKGs
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt

Noten

Stimmung Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
3
Stimmung Klinik
1
Unterricht
3
Betreuung
1
Freizeit
2
Lehre auf Station
3
Insgesamt
2

Durchschnitt 1.87