War eine schöne Famulatur. Das Krankenhaus in Niebüll ist ein sehr kleines Haus mit allen Vor- und Nachteilen. Bereits nach gut einer Woche kannte ich das komplette chirurgische wie anästhesiologische Team inkl. OP-Pflege und immer wieder traf man auf den Fluren bekannte Gesichter. Als einzige Famulantin weit und breit (erst gegen Ende kam eine weitere Famulantin dazu) hatte ich nie das Gefühl in zweiter Reihe stehen zu müssen. Ich konnte mir sehr frei aussuchen, wann ich was sehen wollte, das war ziemlich gut. Es hatte nur leider auch zur Folge, dass sich eigentlich kaum jemand für mich verantwortlich fühlte. Aber mit einer guten Portion Eigeninitiative konnte man auch damit ganz gut umgehen.
Während meiner Arbeitszeiten bin ich meist nach der Visite morgens auf Station zwischen OP und Notaufnahme hin und her gewechselt. Ich konnte immer da hin, wo es gerade spannender war. Leider bin ich auch oft genug hin und her gelaufen, um festzustellen, dass es weder im OP noch in der ZNA wirklich viel zu tun gab.
Wie gesagt, es ist ein kleines Haus und entsprechend übersichtlich ist i.d.R. auch das OP-Programm. Von den drei zur Verfügung stehenden Sälen wurden maximal zwei gleichzeitig genutzt und häufig war das OP-Programm nach 2-3 Punkten pro Saal auch schon wieder vorbei. Dass sich hier i.d.R. keine krassen außergewöhnlichen OPs finden, sondern alles halbwegs spannende nach Husum oder sogar ins UKE verlegt wird, sollte einem vorher klar sein. Es sind dann doch die Standard-Eingriffe, Leistenhernie hier, Cholezystektomie da bei den Viszeralchirurgen, Radiusfrakturen und auch ein paar Hüft-TEPs bei den Unfallchirurgen. Aber das kleine Haus hat auch Vorteile: die chirurgische Abteilung ist so klein, dass man sowohl Viszeralchirurgie als auch Orthopädie und Unfallchirurgie alles gleichzeitig mitbekommt. Und das klassische "in dritter Reihe stehen und kaum noch etwas von der OP mitbekommen" auch seehr selten ist. Die Ärzt*innen dort waren alle ganz nett und haben Fragen mehr oder weniger geduldig beantwortet. Je nach OP durfte ich mit an den Tisch, i.d.R. ganz klassisch zum Haken halten. Einmal als erste Assistenz bei einer Cholzystektomie, das war ein ziemliches Highlight.
In der Notaufnahme gab es für mich weniger zu tun. I.d.R. hieß es, dem jeweils zuständigen Arzt/ der Ärztin hinterher dackeln und ganz viel zugucken. Auch sehr spannend, aber an vielen Stellen hätte ich mir etwas mehr eigenverantwortliches Arbeiten gewünscht.
Noch ein paar Sätze zum "drumherum": eine Unterkunft im Personalwohnheim wurde mir gestellt (kostenfrei, war ein sehr geräumiges Zimmer mit eigenem kleinen Bad mit Toilette, Dusche und Küche waren auf dem Flur und wurden geteilt). Essen gab es theoretisch dreimal täglich in der Kantine, Corona-bedingt mit eingeschränkten Öffnungszeiten, sodass es Mittagessen und Brötchen zum Mitnehmen fürs Abendessen/ Frühstück gab.
Was die Freizeitgestaltung angeht ist in Niebüll absolut nichts los. Nordfriesische Landschaft ist aber auch sehr hübsch ;D Und bis zum Meer sind es von dort auch "nur" 10-15km, also auch mit dem Fahrrad noch gut machbar. Eine Zugverbindung bis Dagebüll gibt es wohl auch. Und sonst lohnen sich die nordfriesischen Inseln! Mit dem Zug ist man in einer halben Stunde auf Sylt und von Dagebüll aus gehen die Fähren nach Amrum und Föhr.
Abschließendes Fazit: eine nette Einsteigerfamulatur. Man bekommt einen guten Überblick über verschiedene chirurgische Fächer, kann in Ruhe lernen (ohne das meist stressigere, anonymere Umfeld einer Uniklinik, o.Ä.) und kommt in dem kleinen Haus auch sehr schnell "an". Nachteil ist definitiv, dass häufig eher weniger los ist, aber wenn man sich darauf einstellt absolut okay.
Bewerbung
Ca. 1 Monat im Voraus über die Personalabteilung des Klinikum Nordfriesland. Die haben den Überblick über freie Famulaturplätze in den verschiedenen Häusern.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Bildgebung
Tätigkeiten
Gipsanlage Röntgenbesprechung Praktische Maßnahmen unter Aufsicht Notaufnahme Mitoperieren Blut abnehmen
