Famulatur Orthopädie in Kathmandu Model Hospital (8/2022 bis 9/2022)

Krankenhaus
Kathmandu Model Hospital
Stadt
Kathmandu
Station(en)
Ambulanz
Fachrichtung
Orthopädie
Zeitraum
8/2022 bis 9/2022
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Leipzig
Kommentar
Kathmandu - meine Perle.. oder so ähnlich.
Wo soll ich anfangen?

Wer nach einer Famulatur sucht, in der man möglichst wenig mit Medizin zu tun hat, dafür aber enorm viel Freizeit hat - ist hier genau richtig!

Vorab:
Ich beziehe mich hierbei lediglich auf die Erfahrungen von unserer Zeit auf der Orthopädie. Andere Stationen waren zum Teil echt das absolute Gegenteil.

Die Planung:
Gemeinsam mit Freunden entschieden wir uns im Vorjahr für diese Famulatur über die Organisation NepalMed. Diesem Verein tritt man obligat bei (15€ im Jahr Beitrag). Es wird sich dann gekümmert um die Wahl des Krankenhauses und der Station und der Verein gibt auch Tipps bezüglich Unterkunft in der Zeit. (Die muss auch selbst bezahlt werden.) Das alles lief relativ fix und unproblematisch ab. So richtig wussten wir jedoch nicht, worauf wir uns da eingelassen hatten.
Die Volunteer Card (25€) btw ist absolut nichts wert in Nepal.

Angekommen in Kathmandu:
Der erste Tag war sehr nervenaufreibend. Kathmandu ist an manchen Ecken unglaublich schön - in 90% der Stadt wird man davon jedoch nicht viel mitbekommen. So auch nicht an dem Ort wo das Kathmandu Model Hospital (KMH) sich befand. Es ist unglaublich dreckig und vermüllt in der Stadt, die Luft ist geplagt von Smog und es lag eigentlich dauerhaft ein unangenehmer Geruch in der Luft. Es besserte sich jedes Mal nach dem täglichen Regen (Monsunzeit).
Unser erster Kontakt mit dem KMH verlief ca. 5h nach Ankunft in Nepal.
Die Finanzverwaltung (im Endeffekt ging es unserer Ansicht nach auch mehr um unser Geld als um uns) befand sich in einem nahegelegenen Gebäude. Dort erfolgte dann die Zahlung der Gebühren und die Zuteilung zu den Stationen.
Dieser Kontakt/Austausch war so semi als erste Anlaufstelle. Aufgrund eines Kurswechsels am selben Tag, waren die 200USD in NPR nicht mehr ausreichend und es entwickelte sich daraus ein sehr unangenehmes Streitgespräch, da man Euro/Dollar nicht haben wollte und unbedingt wenige hunderte Rupien aufgetrieben werden mussten.
Die Rettung waren zwei andere Studenten aus Deutschland.
Die Zuweisung zu unseren Wunschstationen haben wir auch denen zu verdanken, da trotz einiger Zeit an Vorlauf unsere Stationswünsche leider nicht erfüllt werden konnten. Nach vielen genervten Blicken, Momenten in denen einem ins Gesicht gelacht wurde und einigen Telefonaten erhielten wir dann doch die Erlaubnis, in die Orthopädie zu kommen. Wir sollten danach ins KMH gehen, wo uns der Studentenverantwortliche belehrt hat. (Nie Sachen unbeaufsichtigt lassen, niemals etwas irgendwo in der Umgebung essen, vor allem nicht in der eigenen Kantine.. und, dass man sehr wahrscheinlich fachlich nichts lernen würde - eigentlich eine gute Zusammenfassung unserer Zeit)

Im Krankenhaus:
Wer schon ein mal in einem Land der dritten Welt war, weiß grob, worauf man sich einlässt. (z.B. Strom, Sauberkeit, Infektionskrankheiten)
Man könnte einen Buch über Dinge schreiben, die jeden Prof. der Hygiene eurer jeweiligen Universität dazu veranlassen würde, 5l Sterillium zu trinken und sich dann fein in sein steriles Grab zu legen. Leider ist das jedoch nicht zielführend und du sollst ja auch ein bisschen staunen/schaudern können, wenn´s bei dir soweit sein sollte :))))
Ein kleiner Auszug jedoch:
- Kondome im Abdomen? Sure.
- offenes, von Patienten, Ärzten und der Pflege abwechselnd verwendetes, nicht dazwischen gereinigtes Schuhwerk im OP? Sure.
- Mülleimer für verbände, blutige Kompressen, Pflaster, Patiententeile nutzen? Wozu? Es gibt doch einen Boden :)

Du, der das liest, pack´ deinen Koffer mit so viel Desi wie möglich zu, dazu ganz viele FFP2s und am besten noch Handschuhe und deine eigenen OP Schuhe. Dazu Krankenhauskleidung und Kittel. Vielleicht noch eine Powerbank: Du wirst viel Zeit an deinem Handy verbringen.

Wenn dir aus deinem Leben, z.B. in Freundeskreis oder aus deiner Familie "third-wheeling" noch kein Begriff sein sollte, so wird er dir das gewiss sein nach deiner Zeit in der Orthopädie und vor allem im orthopädischen OP.
Eine Station gab es nicht so richtig, eher nur verteilt 0-3/4 Patienten im gesamten Haus. Wir verbrachten die meiste Zeit in der Ambulanz, also quasi Sprechstunde.
Gelernt haben wir eigentlich nichts. Wir haben wahrscheinlich auch mehr Pharma-Vertreter gesehen als Patienten - no joke, die kommen einfach in die "Sprechstunde" und dann wird (während die anderen behandeln) halt mal "Tinder" (ein putziges Antibiotikum) oder diverse Varianten von Vitamin D etc. präsentiert.
Englisch ist Amtssprache in Nepal, die meisten Menschen sprechen es auch - auch die Ärzte. Der Patientenkontakt erfolgt aber auf nepalesisch. Die Sprache zu lernen in der Zeit ist eigentlich in Grundzügen auch gar nicht so unrealistisch, wenn man natürlich Lust darauf hat.
Wir konnten machen, was wir wollten, wann wir wollten und es wurde halt erwartet, dass wir die Krankenhausarbeit und die Untersuchungen nicht stören. Manchmal wurde man mit simplen Handzeichen von einem Stuhl/einer Liege oder eben von dem Ort, wo man stand weggescheucht. Liebreizend.
Die Ärzte an sich waren aber trotzdem meist echt nett bis auf wenige Ausnahmen, aber man redete halt (wenn überhaupt) über Privates, Partyleben oder eben mal Politik. Sonst waren die Ärzte (wovon es einen Oberarzt, einen Facharzt, zwei Assistenzärzte und einen kranken Chef gab) meist am Handy oder haben gelernt :)
Besonders zu Loben war aber Dr. A. R. B. - absolut ehrenhaft.
Kommunikation ist ansonsten echt problematisch gewesen, mitgenommen wurde man eigentlich nie aktiv: weder zur Visite, noch in den OP etc., man musste sich quasi an den jeweiligen Arzt kleben.
Letztlich, was vielleicht eine Rolle spielt bei der Wahl des Faches: Orthopädie in dem Haus heißt wenige OPs, da man in Nepal so ziemlich alles selbst zahlt. Die Qualität der Behandlung bleibt aber eher optional. Leider.
Wie gesagt - so war es in der Orthopädie: General Surgery und Anesthesia waren anders.

Freizeit:
Kommen wir zum Positiven. Wir hatten Unmengen an freier Zeit. Wir waren initial meist um 9 (es kam aber meist erst eine Stunde später überhaupt irgendwer) - ab Woche zwei dann ab um 10 da. Unsere fröhliche Sitz und Schiffe-Versenken-Einheit endete meist um 14:00 Uhr, zwei bis drei Stunden eher zu gehen, oder eben gar nicht zu kommen war aber nie ein Problem.
Es hört sich an, als wären wir echt uninteressiert gewesen, aber trust me, wir haben schon echt versucht, maximal alles rauszuholen: viel gefragt, versucht (fachliche) Gespräche zu initiieren, nach OPs und Teilnahme an jenen gebettelt etc.etc.etc.
Anyway, Kathmandu hat echt viele Sehenswürdigkeiten, schaut euch dazu lieber einen Travelblog an.
Nur so viel:
Mit der Identity Card des KMH kommt ihr so ziemlich überall kostenlos oder stark vergünstigt rein, da Mediziner und Medizinstudenten extrem hoch angesehen werden im Land. Und falls Ihr (und das werdet ihr) früher oder später nach westlichen Oasen sucht, empfehlen sich die zahlreichen Java Himalayan Coffee Cafes/Restaurants. An alle Orte kommt ihr super günstig mit Pathao. (sehr empfehlenswerte App)

Fazit:
Bereist Nepal, es ist ein unglaubliches Land mit vielen Kontrasten und einer atemberaubenden Natur. Die Leute sind auch super gastfreundlich und nett. Ob vier Wochen Aufenthalt in Kathmandu im Nachhinein nötig waren, bezweifele ich. Ob vier Wochen Famulatur am KMH in der Orthopädie nötig waren, bezweifele ich umso mehr. Aber es sind unvergessliche Momente gewesen, sowohl positiver, als auch negativer Art. Also macht es, wenn ich es euch hier so schmackhaft gemacht habe, wie ich es denke und seht selbst!
Plant unbedingt noch weitere 2-4 Wochen zum Reisen nach der Famulatur ein - hatte sich bei uns sehr gelohnt.

Bei Fragen, schreibt gern´ über das Kontaktformular.
Bewerbung
Wir haben uns 10 Monate eher beworben, kurzfristiger wäre aber problemlos auch möglich.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Mitoperieren
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Gebühren in EUR
200 USD Gebühr Krankenhaus, 25€ Volunteer Card, 15€ Vereinsbeitrag/Jahr

Noten

Stimmung Station
3
Kontakt zur Pflege
5
Ansehen
3
Stimmung Klinik
2
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
1
Lehre auf Station
4
Insgesamt
4

Durchschnitt 3.4