Famulatur Psychiatrie in Wilfried-Rasch-Klinik (8/2022 bis 8/2022)

Krankenhaus
Wilfried-Rasch-Klinik
Stadt
Dortmund
Station(en)
Stationäre Unterbringung, Nachsorge
Fachrichtung
Psychiatrie
Zeitraum
8/2022 bis 8/2022
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Goettingen
Kommentar
Da ich vor dem Studium schon in der Pflege gearbeitet habe, wollte ich gern eine Famulatur in einem völlig anderen Bereich machen. Während meiner Ausbildung hatte ich bereits einen Einsatz in der angrenzenden LWL-Klinik auf einer Station für Suchtmedizin und konnte mich gut daran erinnern, dass das Klima dort sehr angenehm war und ich dort von Tag eins an freundlich in Empfang genommen worden war. Im vierten Semester habe ich einen Tag in der Wilfried-Rasch-Klinik hospitiert und einen kurzen Einblick gewinnen können, da ich Lust auf mehr hatte, habe ich mich daraufhin für eine Famulatur beworben, die Absprache war sehr unkompliziert. Vor meiner Hospitation bzw. meiner Famulatur hatte ich ehrlich gesagt überhaupt keine richtige Vorstellung davon, wie die Arbeit in einer Klinik für forensische Psychiatrie abläuft.
Die Wilfried-Rasch-Klinik hat 2 Stationen mit jeweils ca. 30 (in dieser Klinik nur männlichen) untergebrachten Patienten, ist aber auch für die Nachsorge für die Zeit nach der Unterbringung zuständig.
Ich habe während meiner Famulatur vermutlich eher ungewöhnliche Aufgaben übernommen, zwar habe ich zwischendurch auch Blut abgenommen oder Laborzettel sortiert, EKGs geschrieben etc., aber häufig durfte ich auch bei Fallkonferenzen, Besuchen außerhalb, Therapiesitzungen, der Visite oder Ähnlichen zuhören, ich haben einen Patienten, der zusätzlich anderweitig erkrankt war, zusammen mit einem Arzt und einem Pfleger zu Untersuchungsterminen außerhalb der Klinik begleitet, bei mehrere Umzügen geholfen, in der Nachsorgeambulanz der Klinik den Gesprächen beisitzen dürfen und z.B. auch häufig ehemalige Untergebrachte in Pflegeeinrichtungen, betreutem Wohnen etc. mit dem Arzt besucht, um ihren Zustand einzuschätzen, ihnen Medikamente zu bringen oder Urinkontrollen abzuholen oder Ähnliches. In den ersten Tagen habe ich sehr viel in den Akten der Patienten gelesen, um überhaupt einen kleinen Einblick zu bekommen, mit was für Menschen und ihren Krankheitsbildern ich zu tun habe, wie die Gesetzeslage ist etc. Natürlich muss man sich dessen bewusst sein, dass die meisten der Patienten, die schon längere Zeit untergebracht sind, sehr schwere Verbrechen begangen haben und dass der Umgang mit diesen in Bezug auf Sicherheitsvorkehrungen natürlich ganz anders ist als auf einer "normalen" Station. Man wird am Eingang mit einer Notrufanlage für die Hosentasche ausgerüstet, alle Türen und Fenster sind gesichert etc., eben wie in einem "richtigen" Gefängnis. Und natürlich hat man vor allem anfangs innerlich ein eher ambivalentes Verhältnis dazu, ob die ganzen Mühen und Maßnahmen, die den untergebrachten Patienten entgegengebracht werden, in dieser Art angemessen sind, in Anbetracht der Delikte, die diese begangen haben, da sich vermutlich niemand davon freisprechen kann, durch Medien, Hörensagen etc. von Vorurteilen belastet zu sein. Und auf jeden Fall musste ich mindestens die erste Woche lang erst einmal sacken lassen, um überhaupt zu verstehen, wie hier gearbeitet wird. Aber im Nachhinein hat mir diese Erfahrung persönlich unglaublich viel gebracht!! Natürlich hat jeder bis zum Physikum schonmal die Namen von ein paar psychiatrischen Erkrankungen gelesen, im Pflegepraktikum diverse Tabletten in der Hand gehabt oder in der Biochemie-Prüfung ein Dopamin-Molekül aufmalen müssen, aber was überhaupt dahinter steckt, ist mir bis dato ehrlich gesagt eher verborgen geblieben (das Meiste natürlich immer noch, da will ich mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber nach meiner Zeit dort kann ich diese Begrifflichkeiten viel besser einordnen). Vor allem im Klinikalltag wird der Bereich Psychiatrie meiner Erfahrung nach ja immer noch eher stiefmütterlich behandelt (vielleicht, weil diese Erkrankungen immer noch mit viel Stigma verbunden und dazu noch weniger "greifbar" sind als die meisten somatischen Krankheitsbilder, ich weiß es nicht - aber auch ich habe erst hier gelernt, dass Psychopharmaka nicht einfach nur ausprobiert werden, bis eines wirkt, also war ich wohl vorher auch Teil des Problems....). Es ist wirklich bewundernswert, mit welcher Mühe die Mitarbeiter:innen dieser Klinik mit jedem erdenklichen Mittel versuchen, den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft wieder auf die Beine zu helfen! Aufzuzählen, was hier alles für die Patienten getan und diesen ermöglicht wird, würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, aber von der Aufnahme bis zurück in die eigene Wohnung oder z.B. ins betreute Wohnen werden die Patienten hier von Ärzten, Psychologen, Pflegern, Sozialarbeitern und Ergotherapeuten (ich hoffe, ich habe keine Berufsgruppe vergessen) in super Teamarbeit begleitet. Für viele untergebrachte Personen, die nach so langer Zeit oder aufgrund ihrer Erkrankung oder beidem wenig Kontakt zur Außenwelt haben, ist das Team zu einer Art Familienersatz geworden und ich habe gemerkt, dass alle Mitarbeiter:innen aufrichtig und gern versuchen, einen guten Umgang mit ihnen zu pflegen und den Menschen dort zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Ich bin sehr dankbar darüber, dass ich die Erfahrung machen durfte, eine Zeit lang mit diesem ganz anderen Blickwinkel sehen zu dürfen. Alle Mitarbeiter:innen waren vom ersten Tag an super nett zu mir, ich konnte immer all meine Fragen stellen (egal, wie blöd diese waren, außerdem hat man den Umständen geschuldet natürlich bis zum letzten Tag eine Menge Fragen) und ich habe mich deshalb wirklich wohl gefühlt. Danke dafür!! Hier wird Menschlichkeit wirklich noch großgeschrieben, arrogante Oberärzte oder Kompetenzrangeleien sucht man hier vergebens ;-)
Also liebe andere Studierende: bewerbt euch auch mal in einem etwas "anderen" Bereich für eine Famulatur, der Blick um die Ecke kann sich auch mal lohnen!
Bewerbung
Meine Bewerbung war völlig unkompliziert, ich habe ca. ein halbes Jahr vorher eine Mail geschickt und ein paar Tage vor Beginn nochmal kurz telefonisch Rücksprache gehalten, wie und wann ich genau kommen soll.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen
EKGs
Blut abnehmen
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht

Noten

Stimmung Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen
1
Stimmung Klinik
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Lehre auf Station
1
Insgesamt
1

Durchschnitt 1